Mein erstes Schuljahr als klassenführende Junglehrerin sollte sich als ein ganz besonderes erstes Jahr entwickeln. Eingestiegen bin ich in meinem Lehrberuf in einer kleinstädtischen Volksschule mit zwölf Klassen. Eine davon war meine eigene Klasse, welche ich in der zweiten Schulwoche übernehmen durfte. Ein wahres Abenteuer begann…

Man könnte behaupten der Anfang war so, wie eben ein Schuljahr beginnt. Große Augen staunen über das was ihnen gelehrt wird und die Motivation und Freude am Lernen war vom Beginn an enorm. Viel schafften wir in den Wochen bis Weihnachten. Die Vorfreude ein tolles erstes Jahr miteinander verbringen zu dürfen war nahezu ungebremst. Doch die ungetrübte Stimmung hielt bis zu den Semesterferien.

Schulbücher
Klassischer Unterricht zum Schulstart.

Doch dann wird alles anders

Covid-19, eine Viruserkrankung breite sich weltweit rasant aus und auch unser kleines Österreich blieb nicht davon verschont. Ein Shutdown folgte Mitte März und stellte uns alle vor eine große und vor allem neue Herausforderung. Statt dem gewohnten Unterricht in der Schule mussten die Kinder plötzlich zu Hause bleiben. Homeschooling war angesagt. Vorerst bereite ich akribisch die Wochenpläne bis Ostern vor. Zumindest war der Plan der Regierung, bis Ostern die Schulen zu schließen und anschließend zu evaluieren wie es weitergehen soll.

Die Arbeit mit den Wochenplänen lief gut an. Die eine oder andere Anlaufschwierigkeit, wie zum Beispiel eine Seite wurde doppelt aufgeschrieben oder eine falsche Nummer angegeben, waren zum Glück nur Kleinigkeiten, mit denen wir uns alle gut arrangieren konnten. In der Zeit bis Ostern versorgte ich die Eltern mit umfangreichen differenzierten Zusatzmaterialien, welche im nachhineingesehen viel zu viele waren. Für manche Familien war in der Woche vor Ostern ein Punkt erreicht, wo viele verzagt waren. War doch für alle dies eine komplett neue Erfahrung und Situation, die damals auf eine ungewisse Zeit verlängert wurde. Eltern riefen an, erzählten von ihrem Alltag und den täglichen Schwierigkeiten mit ihren Jüngsten. Natürlich kam auch bei mir die Unsicherheit auf, dass die ständige Erreichbarkeit ausarten könnte. Es schien eine Gratwanderung zu werden zwischen dem immer erreichbar sein und dem Abgrenzen und auf sich schauen.

Frustrierte Zeit
Für viele – Schüler, Eltern und Lehrer:innen – war Home Schooling eine frustrierende Zeit.

Doch meine anfänglichen Sorgen und Bedenken lösten sich glücklicherweise rasch auf. So genügte es bei meinen Eltern einfach zuzuhören. Aus meinem Schulalltag jedoch weiß ich, dass ich großes Glück hatte. Einige Kolleg:innen hatten wesentlich schwierigere Situationen mit Eltern zu bewältigen als ich.

Täglich online Meetings

Obwohl alles relativ entspannt verlief und auch der Kontakt zu keiner Familie verloren ging, stieß ich rasch an meine eigenen Grenzen. Mir war es zu wenig, mit den Eltern per Mail oder Telefon im Kontakt zu sein, vielmehr wollte ich mit den Kindern vermehrt in Kontakt treten. Zeitgleich kam vom Bildungsminister der Aufruf, via Video und online Angeboten den Kontakt aufzubauen und zu halten. Ein Meilenstein war gelegt. Im Gegensatz zum Großteil meiner Kolleginnen im Haus, war ich begeistert und offen für Neues. Auch ich war technisch nicht am aktuellen Stand und hatte noch nie zuvor diese Angebote genutzt. Doch der Wille und ein einziger Nachmittag reichten aus, via Video-Konferenz mit den Kindern in Kontakt zu treten.

An meiner Schule herrschte große Aufregung und Unmut zugleich, obwohl wir ein Standort sind, an welchen Smartboards und Laptops unseren Schulalltag ausmachen. Viele von unserem Haus weigerten sich bis zur Wiedereröffnung der Schule Mitte Mai, sich mit Videos auseinanderzusetzen. Wobei ich hier schon anmerken möchte, dass das Fortbildungsangebot enorm war. Unzählige Webinare wurden beispielsweise an der Hochschule angeboten, auch vonseiten des Bildungsministeriums wurde eine Vielzahl an Angeboten bereitgestellt. Man war lediglich einen Mausklick entfernt. 😉

Der Gedanke, ein eigenes Video zu drehen oder mit den Kindern per Video in Kontakt zu treten war auch für mich am Beginn eine Überwindung. Doch der Schritt zahlte sich aus! Ich informierte die Eltern meiner Klasse über mein Vorhaben und beschloss, täglich ein online Meeting abzuhalten. Ausnahmen waren jene Tage, an denen in an der Schule war. Vom Beginn an teilt ich den Eltern klar mit, dass das Angebot freiwillig ist und kein Kind einen Nachteil erfahren wird, sollte es nicht dabei sein. Pünktlich um halb zehn trafen wir uns online und die Resonanz der Eltern und Kindern war enorm. Voller Freude waren sie dabei und es war ersichtlich, dass sie sich freuten wenigsten über kleine Bildschirme ihre/n Freund:innen wieder zu sehen. Ein täglicher Kontakt, wenn auch nur online, war gegeben und riss auch in dieser, doch recht schwierigen Zeit, zu den Kindern nicht ab.

Mut zum Lernvideo

Um allen Kindern in der Klasse eine Chance zu geben, drehte ich mit meinem Mann gemeinsam einzelne Lernvideos zu neuen Lerninhalten und sendete diese per Mail. Bis zur Schuleröffnung hatte ich drei Tage, an denen jeweils ein Kind nicht dabei war. Meist entschuldigten die Eltern sogar ihre Kinder vom online Unterricht. Sehr überrascht war ich über die enorme Disziplin der Kinder während unserer online Einheiten. Im Austausch mit Kolleginnen, die sich doch darüber trauten und hin und wieder online aktiv waren, wurde immer wieder berichtet, wie mühsam und aufwendig alles nicht sei.

Schüler verzweifelt beim Lernen.
Lernvideos und online Meetings waren bald die Norm.

Meine Erfahrung zeigte, dass man mit wenig Aufwand und wenig Zeit viel erreichen kann. Und nein, ich bin technisch nicht affin! Vielmehr geht es darum wie offen und flexibel man ist. Es zahlt sich tatsächlich aus, sich mit Neuem auseinanderzusetzen und über den Tellerrand zu blicken. Rückblickend gesehen war dies ein großartiges und vor allem sehr spannendes Jahr für mich. Viel Flexibilität und Offenheit war gefragt und ich bin überzeugt, dass wir hinsichtlich der Digitalisierung einen neuen Weg im Bildungsbereich einschlagen werden. Lassen wir uns überraschen und sehen den Erneuerungen positiv und offen entgegen!

Wenn du mehr zu Lernvideos wissen möchtest, dann lies dir doch unseren Artikel zu den 3 Arten von Lernvideos und zur Technik und Veröffentlichung durch.