Die Angst vor Prüfungen ist auf keinen Fall eine reine Angelegenheit der Schüler:innenschaft. Auch viele Erwachsene blicken Prüfungsterminen mit großer Sorge entgegen.

Im Referendariat stehen mehrere Lehrkontrollen auf dem Verlaufsplan. Betroffene von Prüfungsangst erleben diese Zeit als Déjà-vu ihrer Schul- und Studienjahre oder entwickeln eine ausgeprägte Furcht vor Prüfungen.

Was sind die Gründe für Prüfungsangst?

Die Ursachen und Ausprägungen sind so individuell wie die Betroffenen selbst. Prüfungsangst kann unabhängig vom Alter oder Bildungsstand auftreten. Eines haben diejenigen, die sich vor Prüfungssituationen fürchten, jedoch gemeinsam: Sie empfinden ihre Angst als Leidensdruck.

Versagensangst und/oder eine extreme Leistungsorientiertheit können Prüfungsangst hervorrufen. Lernschwierigkeiten oder Konzentrationsstörungen zählen ebenfalls zu den häufigsten Auslösern. Wenn sich mehrere Ursachen addieren, ist die Gefahr einer ausgeprägten Prüfungsangst besonders hoch.

Prüfungsangst ist kein Zeichen von Charakterschwäche. Jede:r Schüler:in oder Referendar:in kann darunter leiden. Im Übrigen können auch sehr leistungsstarke Individuen von Prüfungsangst betroffen sein. Selbst ältere Personen sind vor dieser situationsabhängigen Angst nicht gefeit.

Viele haben Angst vor Pruefungen
Manche bekommen schon bei dem Wort „Prüfung“ Schweißperlen auf der Stirn und zitternde Hände

Darüber hinaus ist Prüfungsangst von einer normalen Anspannung vor Klausuren oder ähnlichen Leistungsabfragen zu unterscheiden. Eine gewisse Nervosität ist ganz natürlich. Schließlich ‚geht es ja um etwas‘, nämlich um eine möglichst gute Note.

Eine zielgerichtete Prüfungsvorbereitung kann schlechte Prüfungsergebnisse abwenden. Ein Mittel gegen Prüfungsangst ist sie jedoch nur in begrenztem Umfang. Wer vor Prüfungen Angst hat, fürchtet in erster Linie die Situation der Leistungsabfrage. Angst vor schlechten Benotungen ist eine häufige Folge, sie muss aber nicht in jedem Fall vorhanden sein.

Gibt es im umgekehrten Fall charakterliche Eigenschaften, die Prüfungsangst vorbeugen können? Diese Frage kann bejaht werden. Eine grundsätzliche Gelassenheit, ein gefestigtes Selbstvertrauen und die Fähigkeit, angemessen mit Misserfolgen umzugehen, stärken die Resilienz.

Typische Symptome

Betroffene weisen die folgenden Kernsymptome auf:

1. Ein allgemeines Unbehagen in Prüfungssituationen

2. Versagensangst

3. Hohe Erwartungen an sich selbst, die über ein gesundes Maß an Motivation hinausgehen und als massiver Druck empfunden werden

Die Kernsymptome können einzeln oder gehäuft auftreten. Hinzu kommen psychosomatische Beschwerden wie Schwindel, Herzrasen oder Übelkeit.

Beispielhafter Verlauf von Prüfungsangst:

1. Die Angst beginnt bereits einige Tage vor dem Prüfungstermin und äußert sich in Form von innerer Unruhe, Konzentrations- und Schlafstörungen oder Gereiztheit.

2. Unmittelbar vor oder während der Prüfung ist der Puls der Prüflinge deutlich erhöht. Vielen fällt es schwer, ruhig zu atmen und sich auf die Fragestellungen des/der Prüfers/Prüferin zu konzentrieren oder sie sachlich und inhaltlich korrekt zu beantworten.

3. Die mangelhafte Konzentrationsfähigkeit wirkt sich nicht selten auf das Prüfungsergebnis aus. Auf diese Weise wird die Angst vor der nächsten Prüfung geschürt. So entsteht ein Kreislauf, aus dem sich die Betroffenen oft nicht allein befreien können.

Pruefungsangst lernen soll unterstuetzen
Viele fangen schon vor Beginn der Prüfung an, an sich zu Zweifeln und erhöhen dadurch den eigenen Leistungsdruck

Prüfungsangst im Referendariat

Auch angehende Lehrkräfte leiden unter Prüfungsangst. Vor allem in der Referendariatszeit bewegt sich der Leistungsdruck auf einem konstant hohen Niveau. Neben den fachlichen Anforderungen sehen sich zukünftige Lehrer:innen mit dem Druck konfrontiert, vor den Prüfern/Prüferinnen als qualifizierte Fachlehrkräfte glänzen zu müssen.

Diesem Druck halten nicht alle Akademiker:innen im Schuldienst stand. Viele beenden das Referendariat aus eigenem Willen oder weil ihre Prüfungsergebnisse sie dazu zwingen. Diese Notwendigkeit betrifft sogar Personen, die als Lehrkräfte durchaus geeignet sind und nicht nur über das Fachwissen, sondern auch über die erforderlichen Soft Skills verfügen. Die Zulassung zum Lehrberuf scheitert letztendlich an schlechten Beurteilungen, welche auf die Angst vor Prüfungen zurückzuführen sind.

Bei der Bewältigung von Prüfungsangst sollten die Referendare/Referendarinnen nicht allein gelassen werden. Auch ihr:e Mentor:in kann etwas dazu beitragen, wenn er/sie über die Tücken von Prüfungsangst Bescheid weiß und wertvolle Unterstützung leisten kann. Einleitende Sätze wie ‚Ich habe das Gefühl, dass Sie vor Lehrproben sehr angespannt sind…‘ sind ideale, um die Gesprächsführung in die richtige Richtung zu lenken. Es ist nicht tragisch, wenn sich die Vermutung am Ende als falsch herausstellt. Eine grundsätzliche Bereitschaft, dem/der Referendar:in im Bedarfsfall unter die Arme zu greifen, ist nie von Nachteil.

Erste Hilfe bei Prüfungsangst

Diese Lösungsansätze können gegen akute oder chronische Prüfungsangst helfen. Du kannst die hilfreichen Tricks auch präventiv anwenden, damit dich der Gedanke an Prüfungen von vornherein erst gar nicht zum Zittern bringt:

1. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – dieses Sprichwort trifft nicht auf von Prüfungsangst geplagte Referendare/Referendarinnen zu. Sie sollten sich an dem Leitsatz ‚Reden ist Gold, Schweigen ist schädlich‘ ein Beispiel nehmen und ihre:n Mentor:in einweihen.

2. Neben dem Austausch mit den Mentoren/Mentorinnen kann der Kontakt zu anderen neuen Lehrkräften gesucht werden. Vielleicht kennen sie das Problem der Prüfungsangst aus eigener Erfahrung und haben einen Weg gefunden, angemessen damit umzugehen.

3. Du kannst dir in einer ruhigen Minute Gedanken darüber machen, warum dir Prüfungssituationen jedes Mal wie ein hoher Berg bevorstehen: Bringst du mit ihnen negative Erlebnisse aus deiner eigenen Schul- oder Studienzeit in Verbindung? Bist du möglicherweise zu streng mit dir selbst, kannst du dir Misserfolge nur schwer verzeihen? All diese Überlegungen können auf einer Stichpunktliste zusammengetragen werden.

4. Im zweiten Schritt versetzt man sich gedanklich in eine Prüfungssituation. Welche spontanen Emotionen tauchen tief in deinem Inneren auf?

5. Wenn belastende Gefühlslagen wie Angst deine Gedankenwelt dominieren, kannst du versuchen, einen inneren Abstand zu ihnen einzunehmen. Führe dir deine Begabungen, Stärken oder Interessen einmal ganz genau vor Augen. Diese positiven Assoziationen stabilisieren dein Selbstvertrauen.

6. Eine langfristige Veränderung braucht Zeit. Als Referendar:in mit Prüfungsangst sollte man sich darauf einstellen, dass der Kampf gegen die Angst nicht von heute auf morgen beendet ist. Es kann in Prüfungssituationen immer wieder zu Rückschlägen kommen. Je intensiver du an dir arbeitest und dein Ziel konsequent verfolgst, umso besser wirst du deine Angst kontrollieren können.

Eine psychotherapeutische Beratung ist auf einen mittel- bis langfristigen Behandlungserfolg ausgelegt. Wer massiv unter Prüfungsangst leidet und alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, sollte diesen professionellen Hilfsansatz in Erwägung ziehen. In den Therapiestunden gehen Patient:in und Therapeut:in der Ursache auf den Grund und setzen an den Ergebnissen an, um der Prüfungsangst etwas entgegenzusetzen.

Design ohne Titel
Lernen – Lehren – Diskutieren – Abschließen
Im Referendariat durchlebt man viele Phasen, welche meist mit einer Leistungsbewertung abgeschlossen werden. Gute Vorbereitung soll der Prüfungsangst entgegenwirken.

Schlusswort

Betroffene von Prüfungsangst gelten definitiv nicht als Einzelfälle. Jede:r kann darunter leiden – von den frisch immatrikulierten Studierenden bis hin zu Referendaren/Referendarinnen in den Lehrproben. Die Angst vor den oft subjektiv empfundenen Unzulänglichkeiten kann allen Personen zu schaffen machen, die sich in einer Prüfungssituation befinden.

Während der Referendariatszeit stehen den angehenden Lehrkräften sowohl praktische Lehrproben als auch theoretische Wissensabfragen bevor. Viele Referendare/Referendarinnen sehen diesen Terminen relativ gelassen entgegen. Andere empfinden sie als emotionale Belastung, die sich negativ auf alle anderen alltäglichen Pflichten auswirken kann.

Prüfungsangst muss kein Schicksal sein. Du kannst dir Hilfe holen, indem du mit anderen Mitgliedern aus dem Kollegium über deine Sorgen sprichst. Auch der/die Mentor:in sollte in Kenntnis gesetzt werden. Im Fall von Prüfungsangst kommt es nämlich auf seine/ihre Unterstützung an. Wenn Mentoren/Mentorinnen vermuten, dass ihr Schützling unter dieser Angst leidet, kann er/sie diese Vermutung in einem vertraulichen Gespräch offen ansprechen. Der/die Referendar/Referendarin wird über diesen ersten Schritt mit Sicherheit dankbar sein.

Wer sich der lästigen Prüfungsangst stellen möchte, muss kleinschrittig vorgehen und vor allem viel Geduld mit sich haben. Verfestigte Denkmuster lösen sich nicht in einem Zeitraum von wenigen Tagen, sondern erfordern ein ständiges ‚Arbeiten an sich selbst‘. Wenn du als betroffene:r Referendar/Referendarin konsequent am Ball bleibst, stehen die Chancen gut, dass du deine Prüfungsangst in den Griff kriegst.

Auch Weiterbildungen nach den Referendariat können hilfreich sein, um die soziale Entwicklung zu fördern und somit auch den Leistungsdruck entgegen zu wirken.