Sobald du vor 25 Augenpaaren stehst, welche wissbegierig und scharrend darauf warten etwas Neues zu lernen, wirst du rasch merken, dass du mit einem gewöhnlichen Unterricht, das heißt, alle machen alles gleich und jeder zur selben Zeit, schnell an deinen Grenzen bist.
Die Realität
Innerhalb der ersten Stunden wirst du merken, dass du da noch was anderes brauchst als starre Vorbereitungen. Das soll auch so sein, denn immerhin hast du 25 Individualitäten vor dir, die alle andere Bedürfnisse, Wünsche, Ideen haben und noch dazu in ihrer Entwicklung oftmals ganz unterschiedlich dastehen. Der eine kommt in die erste Klasse Volksschule und kann fließend lesen, schreiben und rechnen, das andere Kind wiederum hat Schwierigkeiten auf einem A4 zu arbeiten und braucht doch noch A3 Formate und das nächste Kind scharrt und möchte nicht sehnlicher als endlich den nächsten Buchstaben lernen. Und das sind nur drei Beispiele, welche aus meiner Praxis kommen. Vergiss nicht, vor dir sitzen noch 22 andere Individualitäten. Sie haben auch noch das Recht, dass man ihnen in den nächsten fünf Einheiten gerecht wird.

Junge Kolleginnen die gerade in der Ausbildung sind, werden wahrscheinlich spätestens jetzt die Haare zu Berge stehen. Es ist in der Realität tatsächlich so, wie es in der Ausbildung jahrelang thematisiert wird. Das Erfolgsrezept, um diese täglichen Herausforderungen bewältigen zu können, ist die Differenzierung. Ein äußerst überstrapazierter Begriff der heutigen Zeit. Doch ohne, würden wir den Kindern nicht gerecht werden.
Innere/äußere Differenzierung
Wir unterscheiden bei der Differenzierung zwischen der inneren- und der äußeren Differenzierung. Hilber Meyer bezeichnet die innere Differenzierung, alle Formen der zeitlich befristeten und/ oder dauerhaften Aufteilung eines Lernverbands (einer Klasse, eines Kurses) in arbeitsfähige Teilgruppen.
(Meyer 2004, S.102). Die äußere Differenzierung meint, dass die Schüler:innen in möglichst einheitliche Gruppen eingeteilt werden. Hier ist der Blick gerichtet auf gleiche Jahrgänge oder auch bezogen auf Fördergruppen.
3 Überlegungen
Kommt es zu einer Gruppeneinteilung, sollten laut Meyer folgende 3 Überlegungen angestellt werden:
- Didaktische Differenzierung, z.B. Ziele, Inhalte oder Methodenkompetenz.
- Personale Differenzierung, z.B. nach Leistungsfähigkeit, Interessen oder nach Förderbedarf.
- Differenzierung nach dem „Zufallsprinzip“, z.B. durch Abzählen oder durch das zufällige festlegen der Gruppe nach dem Alphabet. (vgl. Meyer 2004, S.102ff)
Vorbereitete Umgebung
Die Gründe warum du in deinem Unterricht die innere Differenzierung integrieren musst, liegen auf der Hand. An den eingangs erwähnten Beispielen, wird ersichtlich, dass du als Lehrer:in eine Lernumgebung schaffen musst, die den vielen unterschiedlichen Lerner:innen gerecht wird. Die vorbereitete Lernumgebung muss gut durchdacht und geplant werden. Neben dem Material, dass vorbereitet werden muss, solltest du auf jeden Fall nicht vergessen, dir Gedanken über die Arbeitsformen und Methoden zu machen. Je nach Alter der Schüler:innen kann ein Miteinbeziehen dieser in die Planung hilfreich sein. So kann beispielsweise in Erfahrung gebracht werden, welche differenzierte Maßnahmen gewünscht wären. Des Weiteren ist dies eine gute Möglichkeit die Interessen der Schüler:innen aufzugreifen und zu eruieren, welche Themen sie gerne mit welchen Medien bearbeiten würden. Das der letzte genannte Punkt nicht unbedingt in einer ersten Klasse Volksschule zu Schulbeginn gemacht werden kann (vermutlich), erklärt sich von selbst.
Planung – Der Kernpunkt der Differenzierung
Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie du in deinem Unterricht differenzieren kannst. Im folgenden Abschnitt möchte ich dir einige Beispiele anführen, wo du bereits gut differenzieren kannst:
- Planarbeit. Hier bietet sich das Arbeiten an Wochen-, Tages- oder Themenpläne an.
- Lerntheken
- Arbeit an Stationen
Doch bevor du enthusiastisch startest, solltest du dir im Voraus einige Gedanken machen:
- Gruppen: Überlege dir, wir du die Gruppen zusammensetzt.
- Medien: Möchtest du unterschiedliche Medien einsetzen? Wenn ja, welche Gruppe soll mit welchen arbeiten?
- Stationen: Wie viele Aufgabenstellungen?
- Plan: Wie soll dein Plan aussehen den die Schüler:innen bekommen?
Wenn du Arbeitsanweisungen am Plan für die Kinder formulierst, überlege gut, wie du diese verschriftlichst. Sie sollen präzise und gut verständlich sein, sodass sich die Aufgaben aus sich heraus erklären.
Der Einsatz von unterschiedlichen Medien, kann eine weitere Differenzierung mit sich bringen. Darunter kann der Einsatz von Arbeitsblättern, Lernkarteien, Computer oder Schulbüchern verstanden werden.

Bei all den Überlegungen, die du bereits angestellt hast, solltest du auf keinen Fall die Regeln des Zusammenarbeitens vergessen. Denke darüber nach, welche Regeln dir wichtig sind, die das Miteinander festlegen und wie du mit der Lautstärke umgehst. Bei Stationenbetrieben kann es schnell zu einem Anstieg der Lautstärke kommen. Kläre im Vorhinein mit dir und dann mit deinen Schüler:innen was du möchtest. So kann ein gutes Miteinander gelingen.
Kritische Situationen
In der Planarbeit oder der Arbeit an Stationen können kritischen Situationen auftreten. Darunter fallen beispielsweise Fragen der Kinder zu Arbeitsaufträgen, welche nicht verstanden werden, oder es kann auch vorkommen, dass Kinder nicht ihre Arbeiten erledigen. Wie gehst du damit um? Kläre dies mit dir, ab denn so kannst du in diesen Fällen auch gut agieren.
Ergebnisse kontrollieren
Die Kontrolle der Ergebnisse musst du für dich ebenso im Vorhinein festlegen. Hier würde sich ein Unterrichtsgespräch anbieten oder die Lehrperson überprüft diese eigenständig.
Um den Unterricht differenziert zu gestalten, braucht es eine gut durchdachte und vor allem strukturierte Planung. Die voran beschriebenen Punkte, sollen für dich eine Hilfestellung sein. Wenn du dich erst einmal darüber traust, wirst du merken, dass du deine Schüler:innen dort abholst, wo sie gerade stehen. Du wirst ihren Bedürfnissen gerecht und kannst sie individuell fördern und fordern.