In der Schule haben Noten etwas Ambivalentes: Manche Schüler:innen gehen der nächsten Klassenarbeit gelassen entgegen, andere befürchten ein schlechtes Ergebnis. Der eigene Lernerfolg hat auf den Umgang mit Noten einen großen Einfluss. Wir kennen das Gefühl sicher noch aus unserer eigenen Schulzeit, als korrigierte Klassenarbeiten ausgeteilt wurden. Zwischen Freud und Leid lagen oft nur wenige Punkte, welche sich als Zünglein an der Waage auf die Endnote ausgewirkt haben.
Für Lehrkräfte stellen Schulnoten eine ganz andere Herausforderung dar. Sie müssen nicht nur Klassenarbeiten, sondern auch mündliche Mitarbeit oder Gruppenpräsentationen benoten. In Klausuren in Mathematik kann man zwischen richtigen und falschen Antworten relativ leicht unterscheiden. In Aufsätzen oder Referaten fällt die Note nicht einfach so wie ein Apfel vom Stamm. Beim freien Schreiben oder Präsentieren ist vieles Auslegungssache. Gerade bei stilistischen Mitteln gibt es keine falschen oder richtigen, sondern bestenfalls angemessene Formulierungen.
Warum werden Leistungen benotet?
Noten sind die Momentaufnahmen eines Leistungsstandes. Sie spiegeln das spezifische Fachwissen des/der Schüler:in wider. In mündlichen oder schriftlichen Prüfungen wird der Kenntnisstand zu einem oder mehreren Themen abgefragt. Der/die Lehrer:in wertet die Antworten aus und vergibt für die jeweilige Leistung eine entsprechende Note.
Die Bewertung individueller Leistungen unterliegt einem allgemeingültigen Notensystem. Mit dem System soll verhindert werden, dass gute Noten ‚aus reiner Sympathie‘ gegeben werden. Hierbei geht es nicht darum, den Lehrer:innen Willkür zu unterstellen. Es geht einzig und allein um Objektivität.
Von 1 bis 6 – was sagen die Noten über den Leistungsstand aus?
Im deutschen Schulsystem gibt es die Noten von 1 bis 6. Diese Bewertungen sind in allen Bundesländern einheitlich. Was bedeuten die Zahlen aber für die Lehrkräfte und die Schulpflichtigen?
Note 1 – sehr gut: Wir erinnern uns noch sehr gut an unsere Jahre auf der Schulbank: Die 1 galt als absolute Wunschnote. Wer mit ihr belohnt wurde, hat überdurchschnittliche Leistungen erbracht. Die Erwartungen des/der Lehrer:in wurden deutlich übertroffen. Je nach Unterrichtsfach hat der/die Schüler:in nur sehr wenige Flüchtigkeitsfehler gemacht oder eine komplett fehlerfreie Arbeit abgegeben.
Note 2 – gut: Für eine solide Leistung bekommt man eine glatte 2. Hier und da wurden Fehler gemacht, insgesamt hat der/die Schüler:in die Erwartungen der Lehrkraft erfüllt. Er/sie hat die Zeit bis zum Termin der Prüfung genutzt, um das erlernte Wissen zu vertiefen und Leistungen zu bringen, die in vollem Umfang zufriedenstellend sind.
Note 3 – befriedigend: Wenn unter der Klassenarbeit eine 3 steht, war das Ergebnis befriedigend. Der/die Lehrer:in war zufrieden, hat jedoch geringfügige Wissenslücken feststellen können. Im Großen und Ganzen entspricht die Leistung seinen/ihren Erwartungen.
Note 4 – ausreichend: Der Wissensstand ist durchschnittlich. Die Leistungen lassen keine herausragenden Fähigkeiten erkennen. Es sind Mängel zu erkennen, welche sich jedoch mittelfristig beheben lassen. Der Verhältnis zwischen guten und schwachen Kenntnissen hält sich ungefähr die Waage.
Note 5 – mangelhaft: Beim Korrigieren sind der Lehrkraft eklatante Wissenslücken aufgefallen. Man kann ihnen mit entsprechenden Nachhilfeangeboten entgegenwirken, was aber einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen wird. In Ganzjahreszeugnissen spielt die Note 5 in Bezug auf die Versetzung eine wichtige Rolle. Bei zwei Fünfen muss die Klasse in der Regel wiederholt werden.
Note 6 – ungenügend: Die Wissensmängel sind so groß, dass sie nicht ohne Maßnahmen wie Nachhilfeunterricht ausgeglichen werden können. Eine deutliche Verbesserung der Gesamtleistung ist auf absehbare Zeit nicht möglich. Die fachlichen Kenntnisse genügen den Anforderungen nicht.

Mit diesen Noten werden schriftliche und mündliche Leistungen bewertet. Bei Klassenarbeiten ist die Qualität der schriftlichen Antworten ausschlaggebend. Mündliche Noten hängen zusätzlich von der aktiven Beteiligung am Unterrichtsgesehen ab.
Ein + oder – bedeutet, dass die Leistungen besser beziehungsweise schwächer waren, aber noch in das Spektrum der jeweiligen Note fallen. Diese Abstufungen sind für den/die Benotete:n nicht immer ersichtlich. Im Zeugnis werden sie nicht vermerkt. Eine einzige Ausnahme bildet die 4: Bei einer 4- wird auf die Tatsache Bezug genommen, dass die Leistungen schlechter als ausreichend waren.
Wenn du als Lehrkraft in der gymnasialen Oberstufe oder an berufsbildenden Schulen tätig bist, vergibst du Punkte statt Noten. Das Prinzip ist genau gleich: Die Punkte stehen auf einer Skala von 0 bis 15, wobei die Höchstpunktzahl 15 einer 1+ entspricht.
Im Gegensatz zum herkömmlichen Notensystem sind die Abstufungen bei der Punktetabelle besser zu erkennen. Eine Note 2+ oder 3- wird im Zeugnis als glatte 2 oder 3 vermerkt. Bei der Punktevergabe stehen 12 oder 7 Punkte, was die Notenvergabe transparenter macht.
Waldorfschulen kennen keine Benotungen. Auch das altbekannte Sitzenbleiben ist an diesen Bildungseinrichtungen unbekannt. Alle Mitglieder der jeweiligen Klassen werden nach den Sommerferien automatisch in die nächsthöhere Klassenstufe versetzt. Anstelle von Zeugnissen bekommen die Schüler:innen Beurteilungen. Diese Beurteilungen sind schriftliche Stellungnahmen zu ihren Leistungen.
Grundschüler:innen bekommen frühestens ab der 3. Klasse Noten. In den ersten zwei Jahrgängen werden ihre fachlichen Kenntnisse in Schriftform beurteilt.
Kritik am Notensystem
Seit seiner Einführung wurde das Notensystem wiederholt kritisiert. Die kritischen Äußerungen thematisieren den langfristigen Lernerfolg und das Risiko des Leistungsdrucks.
Die Kritiker befürchten, dass Schulnoten demotivieren oder mit ihnen ein vermeidbarer Druck auf die Schüler:innen ausgeübt werden könnte. Überdies wird die Tendenz zum ‚Bulimie-Lernen‘ zur Sprache gebracht. Als Schüler:in bereitet man sich auf die nächste Wissensabfrage in Form einer Klassenarbeit vor. Das angeeignete und wiederholte Wissen gerät nach der Klausur schnell in Vergessenheit. In diesem Fall beurteilt der/die Lehrer:in letztlich einen momentanen Kenntnisstand. Auf lange Sicht bleiben die Kenntnisse aus dem Unterricht nur selten in Erinnerung.
Der ewige Zankapfel des Abschreibens
In schriftlichen Wissensabfragen wie Klausuren ist das Abschreiben bei dem/der Sitznachbar:in nicht zulässig. Aus diesem Grund kann die Arbeit beider Beteiligten mit einem ‚Ungenügend‘ bewertet werden, wenn sie voneinander abgeschrieben haben.
Die Vergabe einer Note 6 im Zusammenhang mit Abschreiben ist und bleibt eine Kontroverse im Klassenzimmer. Kritische Stimmen stellen häufig die Frage, weshalb sich die Schüler:innen nicht gegenseitig helfen dürfen.
Gegenseitige Unterstützung ist lobenswert und im Klassenverband immer gern gesehen. Nichts spricht dagegen, wenn sich die Schüler:innen bei Klassenprojekten etc. solidarisch verhalten und sich aufeinander verlassen können.
Bei Klausuren soll jedoch nicht die Leistung der Gruppe, sondern das Wissen des/der Einzelnen benotet werden. Abgeschriebene Klassenarbeiten erschweren diese Differenzierung erheblich.
In den meisten weiterführenden Schulen werden Klausuren in dafür vorgesehenen Klassenarbeitsräumen geschrieben. In diesen Räumlichkeiten sitzen die Schüler:innen an Einzeltischen mit einem großen Abstand zum/zur Tischnachbar:in. Eine weitere Ausweichmöglichkeit ist die Aula oder notfalls der Klassenraum, wenn zwischen den Tischen ausreichend Platz vorhanden ist.
Schlusswort
Bei der Vergabe von Noten haben es Lehrer:innen im Grunde ganz leicht. Sie müssen nichts weiter tun, außer sich nach einem vorgegebenen Notenspiegel zu richten. Soviel zur Theorie. Wenn du als Lehrkraft Klassenarbeiten korrigieren musst, weißt du, dass die Praxis anders aussieht.
Neben der Wahl der angemessenen Note kommt bei mangelhaften oder ungenügenden Bewertungen die ‚Gefahr‘ hinzu, dass sich die Schüler:innen ungerecht behandelt oder schlimmstenfalls persönlich angegriffen fühlen.
Damit solche Situationen gar nicht erst entstehen, können Klassenleitungen ihrer Klasse die Bedeutungen der einzelnen Noten altersgerecht erklären. Dabei muss der Unterschied zwischen der Bewertung einer Leistung betont werden: Die Note bezieht sich auf den aktuellen Wissensstand und niemals auf die Persönlichkeit der Schüler:innnen.
Gleichzeitig sollte bei weniger erfreulichen Benotungen auf die Möglichkeit einer Verbesserung der fachlichen Expertise hingewiesen werden. Voraussetzung für eine verbesserte Leistung ist und bleibt die eigene Motivation. Als Lehrer:in kannst du deine Klasse motivieren, indem du dich als unterstützende Person gesprächs- und vor allem hilfsbereit zeigst.