Das Gewusel gleicht einem Sack voller Flöhe. Jeden Schritt und Tritt von dir wird verfolgt. Jedes einzelne Wort wird aufgesogen wie ein Schwamm. Neugierde, Lernfreude, Tatendrang, Spaß sowie eine Menge Motivation, das sind Eigenschaften, die die Jüngsten in unserem Bildungswesen am Schulbeginn im Herbst mit sich bringen. Eine ganz besonders aufregende Zeit, sowohl für Lehrer:innen als auch für Schulanfänger:innen beginnt.

Mit einem kleinen Sack voller Flöhe durfte ich mein erstes Dienstjahr starten und es begann tatsächlich eine ganz besondere Zeit, sowohl für die Schulanfänger:innen als auch für mich als Junglehrerin. Glücklicherweise plante ich in den ersten Tagen regelmäßig Pausen ein. Regelmäßiges Bewegen zwischendurch waren stetige Begleiter unseres Alltags. An meiner Schule hatten wir immer Doppelstunden und danach eine Pause. Für die jungen Kinder ist eine Doppelstunde ohne Pause zwischendurch nahezu nicht schaffbar.

Du darfst nicht vergessen, die Erstklässler:innen müssen erst einmal in der Schule ankommen. Das braucht Zeit. Einigen Schüler:innen wird vom Beginn an noch eine zusätzliche Nachmittagsbetreuung im Hort zugemutet. Somit haben sie einen langen Tag zu bewältigen. Dies sind enorme Umstellungen für einen jungen Menschen, der vom Kindergarten/einer Kindertagesstätte kommt, wo sie neben gezielten Bildungsangeboten viele Spielmöglichkeiten hatten.

Kinder arbeiten zusammen.
Nach der Pause, kann konzentiert weitergearbeitet werden.

Eine gravierende Umstellung für das Kind, dies sollte man sich als Klassenlehrer:in immer vor Augen führen. Hier ist meiner Meinung nach viel Geduld, Einfühlungsvermögen und Verständnis von dir als Lehrkraft gefragt. Wie du einen Schultag in der ersten Klasse planst, hängt in erster Linie auch vom Schulstandort ab. Einige Schulen haben einen genauen „Fahrplan“ der einzuhalten ist. Solltest du solche Vorgaben haben, stecke nicht gleich den Kopf in den Sand, sondern schaffe dir gezielt Freiräume.

Mein Tipp an dich: Baue regelmäßig Bewegungspausen ein. Eine Möglichkeit wäre auch das Integrieren von sogenannten Flitzpausen. Eine Flitzpause beinhaltet, das Trinken, der Besuch der Toilette und das Rennen einer Runde um das Schulhaus. Das zusätzliche Einbauen von Bewegungsliedern sowie Spielen, lockert den Alltag zusätzlich auf und ermöglicht den Kindern sich anschließend wieder besser zu konzentrieren. Eine Rhythmisierung des Alltags sowie das gezielte einbauen von Ritualen brauchen besonders die Jüngsten. Sie geben Halt und Sicherheit.

Kinder am Sportplatz.
Bewegungspausen lockern zwischendurch auf und helfen der Konzentration.

Nimm dir nicht zu viel für die ersten Tage vor. Du wirst vielleicht das Gefühl haben, dass du dir noch viel mehr vorgenommen hast, aber es “wieder” nicht geschafft hast, alles in deinen Tagesplan unterzubringen. Das ist normal und du wirst sehen, es wird besser. Natürlich solltest du den Bildungsauftrag nicht aus den Augen lassen und daran bleiben. Vom Beginn an den Schüler:innen Druck zu machen bringt meiner Erfahrung jedoch wenig. Gut portionierte Lernhappen sollten gezielt eingesetzt werden. Ein heilloses Überfordern hat wenig Sinn. Meine Erfahrung zeigte mir, dass die Kinder am Schulbeginn im wahrsten Sinne in den Startlöchern scharren und lernen wollen. Lass sie nicht zu lange zappeln und halte sie nicht allzu lange hin. Sie sind in der Schule und wollen lernen. Ein wochenlanges Hinhalten hat keinen Sinn. Es gibt Kinder, die können bereits lesen, schreiben oder rechnen. Hier kommt die Differenzierung ins Spiel. Wenn du darüber mehr erfahren willst, kann ich dir meinen Blogartikel zum Differenzieren empfehlen.

Wie du wahrscheinlich schon erkannt hast, ist es unbedingt notwendig, dass du dir ausreichend Gedanken für die erste Zeit machst. Plane und bereite dich gut darauf vor und lasse dennoch Freiräume um spontan auf die Kinder und die Situation eingehen zu können.

Ich habe mir einige Gedanken gemacht und ein paar Ziele aufgeschrieben, die mir für die ersten Schulwochen besonders wichtig sind. Es sind Ziele, die das Fachliche erst mal noch in den Hintergrund stellen. Betrachte die Liste als eine Anregung für dich, es gibt bestimmt noch viele Punkte, die du für dich noch finden wirst.

Diese Ziele gelten nicht nur für den Schulbeginn, sondern ziehen sich über das gesamte Schuljahr hinweg.

15 ZIELE FÜR DEN SCHULSTART

  1. Kennenlernen der Schule und der (Schul-)Gemeinschaft
  2. Durch das einbauen von Ritualen wird dein Tagesablauf rhythmisiert und bietet dem Kind Sicherheit
  3. Die Kinder kennenlernen, ihre Stärken in Erfahrung bringen und Vertrauen zum Kind aufbauen
  4. Wertschätzende, wohlwollende Lernatmosphäre entwickeln
  5. Kennenlernen und vertraut werden mit den Räumlichkeiten der Schule
  6. Sich im Schulhaus orientieren und sich sicher bewegen können
  7. Schulmaterialien kennenlernen und vertraut mit ihnen umgehen lernen
  8. Regeln des Zusammenlebens einführen und sich damit vertraut machen
  9. Vorläuferfertigkeiten schulen (Schwungübungen, Nachspuren, Reime, ganzheitliches Arbeiten mit den Silben)
  10. Spiele und Handlungen initiieren, die das Gemeinschaftsgefühl fördern
  11. Ziele der sozialwirksamen Schule integrieren.
  12. Soziales Lernen
  13. Kennenlernen erster Buchstaben und Zahlen
  14. Gezielte Arbeitsphasen setzen in denen konzentriert gearbeitet wird
  15. Kennenlernen von Arbeitsformen und Methoden (Sitzkreis, Einzel-Partner-Kleingruppenarbeiten, Stationenbetrieb, Selbstkontrolle etc.)

Diese Ziele sollen dir helfen die ersten Tage/ Wochen zu planen. Es gibt Punkte, über die man sich bereits im Vorhinein Gedanken machen muss. Dann gibt es wiederum Ziele, welche sich im Laufe der Zeit noch weiterentwickeln werden. Damit du dir das besser vorstellen kannst, möchte ich hierzu ein kleines Beispiel anführen:

Meiner Meinung nach ist es nicht wichtig, dass du am ersten Schultag genau weißt, ob du mit einem grünen oder rosaroten Faserstift Fehler korrigierst. Du wirst deine Schüler:innen kennenlernen und ein Gespür entwickeln, was angebracht ist. Was meiner Erfahrung nach schon wichtig ist, dass du dir vom Beginn an bewusst bist, wie du mit Unterrichtsstörungen umgehst und welche Konsequenzen du ziehst. Du solltest dir bewusst sein, dass du vom Anfang an eine klare Linie fahren musst. Kinder merken, ob du unsicher bist und brauchen Halt und Stabilität vom Anfang an.

Kind arbeitet an Aufgabe.
Eine klare Linie – nicht nur wichtig beim Schreiben!

Mit einem lustigen Sack voller Flöhe zu starten ist eigne großartige Herausforderung, die mir ganz besonders viel Freude bereitet hat. Du wirst rasch Erfolge sehen und im Laufe des ersten Jahres großartige Entwicklungsfortschritte erkennen können. Die Schüler:innen saugen alles auf und wollen lernen. Klare Strukturen die du als Lehrer:in setzt, werden rasch im Alltag integriert werden und bald wird die effektive Lernzeit immer ausgeprägter werden. Vergiss nicht, Humor, Spaß und viel Freude sollen niemals zu kurz kommen. Gemeinsames Lachen und auch das gemeinsame Blödeln gehören ebenso dazu als das Erlernen eines neuen Zahlenraums.

Wenn du noch ein paar Anregungen zum Differenzieren deines Unterrichts brauchst, dann schau dir doch einfach meinen Blogbeitrag dazu an.